PRESSE: STADT AUS GLAS
aus:http://www.schattenblick.de/infopool/brille/theater/dbtp0004.html
STADT AUS GLAS von Paul Auster
Der Abend begann mit einem Stück aus der New-York-Trilogie des US-amerikanischen Literaten Paul Auster. Das 1985 veröffentlichte Werk "Stadt aus Glas" ist als Detektiv- oder Kriminalroman nur unzureichend beschrieben, handelt es sich doch um ein Verwirrspiel zwischen Personen und Identitäten, in dem der Autor selbst auf verschiedene Weise in Erscheinung tritt. Die für die Bühne adaptierte Version beschränkt sich auf den Kern der Handlung um einen Mann namens Daniel Quinn, der, am Telefon als Privatdetektiv Paul Auster angesprochen, sich auf das Abenteuer einläßt, einen mysteriösen Fall zu übernehmen.
Er soll Peter Stillman vor einem Mordversuch seines gleichnamigen Vaters schützen, der lange Zeit in der Psychiatrie gesessen hat, weil er seinen Sohn neun Jahre in ein Zimmer eingesperrt und vollständig vom Kontakt mit anderen Menschen isoliert hat. Auf diese Weise wollte er verhindern, daß die Sprache Gottes durch die menschliche Sprache überlagert wird. Virginia Stillman, die Quinn den Auftrag gibt, den aus der Psychatrie entlassenen Vater zu beschatten, tritt zwar mit der genuinen Sorge um das Leben ihres Ehemanns in Erscheinung, macht Quinn aber dennoch Hoffnungen auf eine Liebesaffäre, was diesen auf desaströse Weise an den Fall bindet. Er ist, ganz anders als die klassischen Heroen des US-amerikanischen Detektivromans, nicht einmal annähernd Herr der Lage, sondern auf fatale Weise in Umstände verstrickt, die nichts als Opfer zu produzieren erscheinen.
So behauptet Peter Stillman als eine Art eigens für die Sprachwissenschaft geschaffener Kaspar Hauser, gar nicht Peter Stillman zu sein. Sein Monolog, mit dem er sich Quinn zu erklären versucht, dreht sich um Wörter, die praktisch wie von selbst über ihn kommen und die, sollte man das Wirken eines Gottes dahinter vermuten, nur Auskunft über dessen völlige Fremdheit allem Menschlichen gegenüber erteilen. Die Sprache Stillmans ist impulsiv und abgehackt, er scheint, von merkwürdigen Wortbildungen getrieben, im Wahn zu versinken, während Stillman senior, dem Quinn im Rahmen seiner Beschattung begegnet, von dem obskuren Drang besessen ist, den Dingen Namen zu geben, die nur er kennt.
Dank der zahlreichen inhaltlichen wie dramaturgischen Verweise auf die Rolle der Sprache erschließt sich dem Zuschauer bald, daß das Stück um Wörter, um Sprache und insbesondere um geschriebenen Text kreist. In Szene gesetzt wird dies durch den äußerst sparsamen Einsatz jeglicher Requisiten außer mehrerer Papierrollen, die mal von der Decke hängend, mal auf dem Boden liegend das Bühnenbild bestimmen. Sie geraten als Projektionswand für Darsteller, mit denen Quinn telefoniert, als Ort grafischer und textlicher Verweise auf die Bewegungen Qinns durch New York, als regelrechte Schriftrolle für den das Geschehen schreibend begleitenden Autor Paul Auster zu Symbolen der textuellen Verfaßtheit der Handlung.
In dem Moment, in dem der Zuschauer erfährt, daß Paul Auster nicht nur als Privatdetektiv in das Stück involviert ist, sondern als Autor höchstselbst das Geschehen diktiert, begreift man das Bühnenbild als eine Art Textwerkstatt, in der die Akteure von der Handlungslogik des Schriftstellers bisweilen regelrecht in die Defensive gedrängt werden. Natürlich steckt hinter jedem Theaterstück ein Autor, doch hier ist er auf eine Weise in die Handlung integriert, die diesen zum antagonistischen Entwurf seiner eigenen Ambitionen geraten läßt. Konfrontiert mit ihrem synthetischen Charakter machen sich die Akteure auf, dem Geschehen Kontur abzugewinnen, indem sie sich dem Fluß der Handlung auf irritierende und verstörende Weise in den Weg stellen.
Die sie antreibenden Motive bleiben darüber hinaus häufig rätselhaft, da sie offensichtlich ins Verderben führen. So läßt sich Quinn in der von ihm angenommenen Identität des Detektivs auf einen Handlungsverlauf ein, in dem ihm jegliche ohnehin nur imaginierte Kontrolle entgleitet, während beide Stillmans am Problem sprachlicher Zeichen und ihrer Bedeutung zugrunde zu gehen drohen.
Dem linguistisch vorgebildeten Zuschauer mag sich dies als Tanz zwischen Signifikant und Signifikat decodieren, wird doch die Frage nach dem Namen der Dinge äquivalent zu der nach den jeweiligen Identitäten der Akteure immer wieder aufgeworfen, um unbeantwortet auf der Strecke einer sich immer fataler gebärdenden Handlung zu bleiben. Deren Eigendynamik findet in dem kinetischen Zwang, mit dem eine einmal angestoßene Papierrolle ihren Weg über den Boden der Bühne nimmt, ihre bildhafte Entsprechung.
Wer Austers Hinwendung zur postrukturalistischen Sprachtheorie und der dort geübten Kritik an universalistischen Traditionen der Philosophie kennt, mag das Anliegen Stillmans, den Dingen Namen zu geben, die ihnen wirklich entsprechen, und seine exaltierten metaphysischen Spekulationen als Satire auf die Debatte um das Henne-Ei-Problem der Genese der Wörter begreifen, zumal das Ei eine zentrale Rolle in Stillmans verrückter Kosmologie einnimmt. Seine Verzweiflung darüber, daß die Dinge zerfallen und dabei ihres Nutzens verlustig gehen, ohne daß dies Ausdruck in ihrer Benennung findet, läßt ein geradezu obsessives Streben nach sprachlicher Ordnung im strikt nominalistischen Sinne erkennen. "Jeder Mensch ist ein beschränkter Gott. Jedes Ding die ganze Welt", lautet ein dem Stück im Ankündigungstext vorangestelltes Zitat des Philosophen der Monadologie, Gottfried Wilhelm Leibniz. Monaden von einer Selbstbezüglichkeit, die die Fremdheit des Anderen von der Fremdheit des Eigenen ununterscheidbar macht, lassen Paul Austers Stück durchaus als Sinnbild für die Atomisierung einer Gesellschaft erscheinen, deren sozialdarwinistischem Kontinuum man durch regressive Fluchtmanöver nicht entkommen kann.
Die Begegnung zwischen Quinn und Stillman senior auf einer arg mitgenommenen Parkbank kulminiert in einem Wechselspiel aus tiefgründigen Überlegungen und anekdotischen Zitaten, das ahnen läßt, wie sehr Paul Auster Samuel Beckett, den er während seiner Jahre in Paris persönlich kennenlernte, verehren muß. Stillmans Versuch, dem Verfall der Dinge durch die sprachliche Würdigung ihrer Nutzlosigkeit einen Sinn zu geben, wirkt im Kontext der Vergeblichkeit, die das Handeln aller Akteure in zunehmendem Maße bestimmt, weniger wahnsinnig, als das von ihm demonstrierte Selbstverständnis eines gottgleichen Sprachschöpfers suggeriert. Schließlich sind alle Personen des Stücks inklusive des für seine Genese verantwortlichen Textproduzenten Paul Auster, der an einer Theorie über die literarischen Hintergründe Don Quixotes arbeitet und es dabei ebenfalls mit einem Vexierspiegel an Identitäten zu tun hat, mit Fragen beschäftigt, die an Gewißheiten rütteln, die nicht minder haltlos sind als ihre Negation.
Der Aufbau einer von numinosen Zwängen und fremden Interessen bestimmten Handlung krankt denn auch daran, daß die Quinn im Ankündigungstext des Stückes zugeschriebene Suche "nach dem Sinn gebenden Prinzip" schon durch dessen Unterstellung überdeterminiert ist. Quinns Verwirrung, die darin gipfelt, daß er Stillman noch beschattet, nachdem dieser längst gestorben ist, unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der alltäglichen Fremdbestimmung, die jeder Lohnarbeiter zu erleiden hat, der seine Zeit und seine Leistungsfähigkeit für ihm völlig fremde Zwecke verkaufen muß. Um nach einem Sinn, nach einer Ordnung, nach einem kausalen Verlauf zu suchen, hat man sich bereits auf das Finden vorgegebener Wahrheiten eingelassen. Wer nicht vergessen kann, daß es sich dabei um interessengebundene Befestigungen im Rahmen eines Verwertungssystems handelt, das individuelles Überleben zu Lasten der Existenz anderer ermöglicht, wird sich gar nicht erst auf eine solche Suche begeben.
Was Auster immer wieder als Niedergang New Yorks zu einem "Schrotthaufen" beklagt, verkörpert das generelle Problem menschlicher Reproduktion eines den verwertbaren Nutzen tendenziell übersteigenden Verbrauchs. Der Absturz in eine von ihrer sozialen wie materiellen Umgebung ausschließlich negativ beeinflußte Monadenexistenz, die der zentrale Akteur in "Stadt aus Glas" erleidet, entspricht der Entropie aller postulierten Zustände höherer Differenz. Das bei Auster hervorstechende postmoderne Verständnis einer in ihren Beständen und Verläufen fragmentierten und disparaten Welt beruht auf einem Ordnungsanspruch, der sich aller Handhabbarkeit entzieht, weil er konstitutiver Faktor jeder auf Vergleich und Unterscheidung basierenden Methode der Erkenntnis und Bewältigung ist.
Bezogen auf das dem Studienprojekt übergeordnete Strukturprinzip der Kontrolle zeigt sich bei diesem Stück, daß ihr Fehlen so schmerzhaft wie ihr Joch erstickend ist. Fremdheit dominiert das Feld einer von Zweck und Nutzen bestimmten Gegenseitigkeit, in der niemand das Heft des Handelns in die Hand bekommt, nicht weil er dies nicht könnte, sondern weil der andere lediglich als Reflex - oder, um in der Sprache postmoderner Weltanschauung zu bleiben, als "Zeichen" - auf dem Schirm eigener Projektionen in Erscheinung tritt. Triebe man die Frage nach der Kontrolle über die Grenze linguistischer Analyse hinaus, dann hätte man es womöglich mit Fragen zu tun, deren erkenntnissprengender Charakter den hier inszenierten Wahn vollends als längst eingelösten und vergessenen Anspruch auf einen bescheidenen Platz in der Ordnung des Universums dechiffrierte.
Der fremdbestimmten Zwangsläufigkeit gemäß endet das Stück in einem furiosen Akt der Zerstörung, der Quinn unter den zerrissenen und zerknüllten Textrollen begraben zurückläßt. Aus der Hauslosigkeit einer Tonne, die dem verarmten und obdachlosen Beobachter einer längst verwehten Episode im Leben fremder Menschen letzte Heimstatt war, gibt es kein Entkommen mehr, so daß Quinn sich in einem letzten, verzweifelten Akt der Rebellion gegen die ihn bestimmende Handlungsanweisung des Textes selbst auflehnt. Wenn es stimmen sollte, daß die Schrift, frei nach Jacques Derrida, die relative Unabhängigkeit der Sprache vom menschlichen Subjekt manifestiert, dann ist es an der Zeit, daß sich der Mensch auf das wenige, was ihm an die Hand gegeben ist, besinnt und den Faden der Subjektivität durch die Labyrinthe ihrer vergesellschafteten Zweckbindung zurück zum Ausgangspunkt autonomer und widerständiger Handlungsfähigkeit verfolgt. Bevor er sich übersetzbarer, verwaltbarer und durch Dritte verfügbarer Zeichen bedient, bemächtigt sich der Mensch des Sprechens, einem in seinem Vermögen zur Überwindung intersubjektiver Distanzen weithin unterschätzten Medium.
Mit: Charlotta Bjelfvenstam, Andreas Frucht, Mike Hoffmann, Volker Matzen, Jörg Reimers, Alexander Wipprecht; Regie: Iris Matzen; Dramaturgie: Miriam Sievers; Bühne: Eylien König; Licht: Vincent Krohn; Kostüm: Annemaria Bulla; Komposition & Ton: Sebastian Kemper.
Presse: Two for the Show
Hamburger Abendblatt, 7. Juli 2010:
Iris Matzen zeigt ihr vom Glam-Rock inspiriertes Stück "Two For The Show"
Monsun-Theater. Auf die Show kommt es an. Wer cool rüberkommt, hat gewonnen. Das geile Styling zählt, die glänzende Oberfläche. Die Nachwuchsregisseurin Iris Matzen will in ihrem Stück "Two For The Show" hinter die Fassaden des Alltagstheaters blicken, der Sehnsucht nach Liebe und ihren Ursprüngen nachspüren. Heute Abend um 18 Uhr - noch rechtzeitig vor dem WM-Spiel der deutschen Fußball-Mannschaft - präsentiert die Studentin an der Hamburger Theaterakademie im Monsun-Theater ihre Diplom-Inszenierung mit großem Ensemble.
Matzen hat auch das Schauspiel mit Musik und Video geschrieben, inspiriert von den Shows des britischen Glam-Rocks in den 70er-Jahren mit seiner Ikone David Bowie. Der britische Starmusiker hatte sich in der Figur des androgynen, glitzernden Ziggy Stardust ein zweites Mal erfunden. Auch Matzens Figuren erfinden sich ständig neu. Doch inmitten von Chaos und Verwirrung durch ständig wechselnde Identitäten finden sich zwei Menschen. Sie haben sich gesucht und gefunden, wissen selbst nicht, wie ihnen geschieht.
Rock-Musik und die Pop-Geschichte scheinen es der 1981 geborenen Regisseurin angetan zu haben. Bereits bei den Kiezstürmern 2008 im St.-Pauli-Theater hat sie sich mit Texten auf die Spuren der Beatles begeben. "Mach schau - die Beatles auf dem Kiez" nannte sie ihre Collage aus Musik und Schauspiel. Die wollte sie auch als Erklärungsversuch verstanden wissen, "wie und warum die Pilzköpfe größer und wichtiger werden konnten als Jesus".
Das aufwendige Projekt "Two For The Show" konnte die ehrgeizige Nachwuchsregisseurin nur mit der Unterstützung von "Zeit"-Stiftung, der Alfred-Toepfer-Stiftung und des Dr.-Margitta-und-Dietmar-Lambert-Stiftungsfonds unter dem Dach der Hamburgischen Kulturstiftung realisieren. Die musikalische Leitung hat Sebastian Kemper übernommen, das Video stammt von Sebastian Harnack.
Two For The Show 7.-10.7., 18 Uhr, Monsun-Theater (S Altona), Friedensallee Karten zu 20,- (Premiere), 13,50 (Vvk.) und 15,-, erm. 12,- (Ak.) T. 390 31 48; www.monsuntheater.de (-itz)
PRESSE: STÖR ICH? WAS SINNVOLLES ZUR RETTUNG DES THEATERS (MIT MUSIK!!!)
Stephan Martin Meyer am Mittwoch, 25.05.2011
Am Tag der Premiere der Komödie „Stör ich?“ im Theater der Keller kam mein Patenkind aus Berlin. Also musste ich eine andere Lösung finden, das Stück zu sehen. Tatsächlich ist der Besuch einer Probe vor der Premiere von „Stör ich?“ der denkbar beste Moment, um sich dieses Stück anzusehen. Es entführt den Zuschauer sowieso in die Generalprobe einer Aufführung im Theater der Keller. Ein Stück im Stück - eine spannende Doppelung.
Das Theater der Keller hat im vergangenen Herbst die große Krise vorerst abgewendet. Doch durch die neue Finanzierung muss das Haus nun von Jahr zu Jahr erneut bangen. Es liegt nahe, dieses Thema selbst auf die Bühne zu bringen. Iris Matzen hat ein Stück geschrieben, das die Problematik des Theater der Keller thematisiert. Inszeniert hat sie es dann auch noch, und das mit Bravour.
In Zeiten minimaler Kulturetats muss an allem gespart werden. Die Kunst geht dabei den Bach runter - so ist es nun mal in diesen Zeiten. Der Regisseur sitzt im Publikum, die Hauptdarstellerin muss auf die Bühne beordert werden, und der Pianist macht den Theaterjob nicht hauptberuflich. Die Zuschauer werden in die Auseinandersetzungen zwischen den dreien eingebunden. So ist der grobe Handlungsablauf in Kürze zu beschreiben. Dabei kommen viele Klischees der Theaterwelt zur Sprache, die immer wieder zum herzhaften Lachen animieren.
Geprobt wird an diesem Abend eine musikalische Revue. Doch alles ist irgendwie schief laufen kann, läuft weiter schief. Natürlich ist der Regisseur unzufrieden und genervt. Selbstverständlich ist das Lichtpult nicht mehr ganz in Ordnung. Der Flügel, der dem Pianisten schon seit langem versprochen war, wird kurzerhand durch ein E-Piano ersetzt. Die eigentlich angedachten großartigen Roben der Sängerin – für jedes Lied ein neues Kleid – sind nicht finanzierbar. Stattdessen soll sie ihr privates Outfit tragen - das sieht doch auch ganz nett aus. Doch eine Herzblutschauspielerin kann das nicht akzeptieren. Sie ist entsetzt, sie revoltiert, sie streitet sich mit dem Regisseur.
Keine Frage, dass auch an den Requisiten gespart wird: Auf der Bühne liegen und stehen die Dinge, die wir aus vergangenen Premieren noch kennen. Die Zinkwanne von „Till Eulenspiegel“, der Kühlschrank aus „Tel Aviv“, der Leuchtschriftzug aus „Jugend ohne Gott“. Alles wird wieder verwertet, doch einiges davon erfüllt nicht mehr seinen Zweck. So funktioniert die mediale Unterstützung mittels einer Kamera und zweiter Bildschirme auf der Bühne nicht mehr, zumindest während der Generalprobe, an der die Zuschauer ja nun mal teilhaben. Manches erfüllt überhaupt keinen Zweck. Darüber ist dann wieder die Hauptdarstellerin erbost. Kein Wunder, dass auch dies zu einer Auseinandersetzung mit dem Regisseur führt.
Cornelia Schönwald überzeugt als Hauptdarstellerin durch ihre Gesangsstimme. Gekonnt intoniert sie eine Reihe von Klassikern, die einen engen Bezug zum Thema Theater haben. Sie stellt die mehr und mehr genervte Akteurin auf der Bühne dar, die sich weigert „In unserem Veedel“ auf Kölsch zu singen. Der Regisseur (Frank Maier) springt kurzerhand für sie ein und bringt die Peinlichkeit seiner Figur ganz im Sinne Strombergs zum Ausdruck. Immer wieder sucht er den Kontakt und die Bestätigung durch das Publikum. Seine Mimik nötigt die Zuschauer immer wieder zu einer Mischung aus Fremdschämen und Lachen.
Eine Komödie über den Niedergang der Theaterszene in Köln, über Kulturpolitik in Deutschland - und ein Muss für alle, die sich für die Kultur interessieren und vehement einsetzen und für die, die für eine lebendige Kultur in der Südstadt streiten. "Stör ich?" ist die letzte Premiere der Spielzeit 2010/11, das im Theater der Keller auf die Bühne kommt. Doch die neue Spielzeit ist schon geplant, wir dürfen gespannt sein, was uns ab dem Herbst geboten wird.
(*http://www.meinesüdstadt.de/kultur/die-hauptprobe-der-generalprobe)
Schauspieler verbietet Publikum den Beifall
Da steht eine Sängerin auf der Bühne, singt hervorragend – und das Publikum darf nicht applaudieren. Fast ausnahmslos hält es sich brav an das Verbot, um sich dann beim abschließenden Premierenbeifall minutenlang freizuklatschen. „Stör ich?“ hatte im Theater der Keller seine Uraufführung – eine höchst vergnügliche und intelligente Komödie über die Schwierigkeiten, in Zeiten von knappen Kassen und Unterhaltungskonkurrenz Theater zu machen.
Von Jürgen Schön
Ein Mann und eine Frau, dazu ein Pianist, laden das Publikum zur „Generalprobe“ ihres neuen Programms – „mit Musik!“ – ein. Dabei macht der „Regisseur“ (Frank Maier) sofort klar, dass einem alten Theater- Aberglauben nach während einer Probe nicht geklatscht werden darf. Auf der Bühne kämpft „Chansonette“ und Diplom-Schauspielerin Babette (Cornelia Schönwald) um ihren Auftritt. Mit ihrer wunderbaren Stimme singt vor allem Songs aus „Cabaret“ – stets den kleinen Tick schräger als das Original, ohne jedoch ins Lächerliche abzustürzen.
Immer wieder kommt es zwischen beiden zu unterbrechenden Dialogen. Sie diskutieren etwa über Förderrichtlinien, wonach es das meiste Geld gibt, wenn man irgendwas mit Migranten macht: Integrieren durch Inszenieren. Pech, dass der Pianist (virtuos Sebastian Kemper am E- Piano) selbst mit angeklebtem Schnäuzer nicht als Ali durchgeht. Oder sollte man, um an Fördergelder zu kommen, auf Multimedia mit vielen Monitoren auf der Bühne setzen? Oder sich mit dem kölschen Evergreen „In unser‘m Veedel“, in Rockpose geknödelt, beim Publikum anbiedern? Nicht nur hier hätte es Szenenbeifall verdient – aber siehe oben...
Auch typische teaminterne Probleme werden persifliert. Wie die Selbstherrlichkeit des Regisseurs, der Teamarbeit behauptet und über Nacht ohne Absprache die schönsten Songs streicht. Das sind selbstironisch-kritische Treffer, die sitzen: mit der Führhand angetäuscht, mit der Schlaghand knapp und präzise nachgesetzt. Eine endgültige K.o.-Lösung braucht es da nicht. Auch um die Theaterkunst als solche geht es, vielleicht sollte man das 3-D-Theater erfinden, um sich in der Unterhaltungskonkurrenz zu behaupten?
Im Bühnenbild werden regelmäßige Keller-Besucher Teile aus anderen Inszenierungen erkennen. Es muss ja gespart werden. Genau wie bei den Kostümen. Solche Anspielungen auf die Situation des Theaters der Keller und auf die gesamte deutsche Theaterszene sind kein Zufall. Schließlich hat sich Hausregisseurin Iris Matzen „Stör ich?“ ausgedacht. Sie führt hier auch Regie, konsequent, einfallsreich und auch vor wilden Verfolgungen mit Tür-auf-Tür-zu nicht zurückschreckend.
(*http://www.koeln.de/koeln/schauspieler_verbietet_publikum_den_beifall_479922.html)
Finanznot treibt zur unterhaltsamen Selbstironie
(ehu) Dem Theater der Keller geht‘s schlecht. Finanziell. Darüber kann man sich bei der Politik beklagen. Tut man, ist Pflicht. Kür ist, darüber ein Theaterstück zu schreiben. Auch das tat man. „Stör ich?“ hatte jetzt Premiere: Eine feingesponnene, unterhaltsame Farce, die das Publikum zu langem Beifall hinriss. Der herumgereichte Klingelbeutel blieb allerdings ungefüllt.
Ein Regisseur (Frank Maier), eine Sängerin (Cornelia Schönwald), ein Pianist (Sebastian Kemper): Sie stehen mit ihrem Stück – „mit Musik!“ – vor der Premiere. Jetzt ist die Generalprobe angesagt. Die aber hat ihre Tücken. Denn es hakt an allen Ecken und Enden. Immer wieder kommt es zu Stockungen, zu Diskussionen.
Soll der Pianist den Ali mit Schnäuzer machen, um an staatliche Fördergelder zu kommen?
Etwa über fehlendes Geld. Kriegt Babette doch noch ein richtiges Kostüm zur Premiere? Warum ist das Bühnenbild aus alten Stücken zusammengepuzzelt (wer regelmäßig das Theater besucht, hat so manches Déjà-vu-Erlebnis)? Und warum gibt es keine Zuschüsse: Weil man nicht genug Multimediaspektakel macht, weil keine Migranten vorkommen? Fließt Staatsknete, wenn der Pianist einen auf Ali macht und sich dafür einen Schnäuzer anklebt? Und welchen Sinn macht Theater heute überhaupt? Sollte man nicht, ganz fortschrittlich, das 3D-Theater erfinden. Fragen über Fragen, auf die es gottlob keine fertiggestanzten Antworten gibt.
Immer wieder läuft die Regiearbeit aus dem Ruder. Da protestiert die Sängerin, weil der Regisseur ganze Passagen aus ihrem Text gestrichen hat, ohne ihr Bescheid zu sagen. Mit dem Licht klappt es auch nicht so. Und bisweilen läuft ihm seine Hauptdarstellerin beleidigt von der Bühne. Dann beginnt eine wilde Verfolgungsjagd. Tür auf. Tür zu. Und am Ende fehlt dem Regisseur gar die zündende Idee fürs Finale.
Genug Anlass für Szenenapplaus gibt es – doch Beifall ist dem Publikum streng verboten
Das einzige, was er richtig im Griff hat, ist das echte Publikum. Dem hat er gleich zu Beginn das Beifallklatschen verboten. Das sei so Theatersitte: Werde bei der Probe applaudiert, gehe es bei der Premiere schief. Und das Publikum gehorcht – eine merkwürdige Abart des trendigen Mitmachtheaters. Dabei hätten insbesondere die Sangeskünste der Chansonette Szenenbeifall verdient, wenn sie leicht schräg nicht nur die die Hits aus „Cabaret“ interpretiert. Und erst recht die prollige Rockversion des Bläck-Fööss-Hits „In unserm Veedel“. Immerhin das Lachen lässt sich das Publikum nicht verbieten. Und dazu gibt es Anlässe genug. Auch wenn es manchmal bitterböse sind.
Dem Theater der Keller geht es schlecht. Finanziell. Am Programm kann es nicht liegen. Wer solche Selbstironie auf die Bühne bringt, wer solche Schauspieler und solche – echten – Regisseure hat (in diesem Fall Regisseurin: Sie heißt Iris Matzen und hatte auch die Idee) verdient jede finanzielle Unterstützung.
(*http://www.koeln-nachrichten.de/kultur/freie-szene/koeln_theater_der_keller_stoer_ich_finanznot_geld_dejavu_2011_mai.html)
Wie Theater überleben können
"Stör ich?" ist die beziehungsreiche letzte Premiere der Keller-Saison
Von Sandra Nuy
Was machen Sie eigentlich tagsüber? Die Frage wird Theaterleuten mit schöner Regelmäßigkeit gestellt. Förderkonzepte lesen und nach neuen Formen suchen - soviel ist mal klar nach einer kurzweiligen Inszenierung von Iris Matzen. Kabarettistisch nimmt sie im Theater der Keller die Kollateralschäden gegenwärtiger Kulturpolitik aufs Korn. "Stör ich?" - fragt der Abend als letzte Premiere dieser Spielzeit kokett und setzt sich durchaus selbstironisch mit dem Theater als öffentlich subventionierter Kunstform auseinander.
Das Publikum wird Zeuge einer öffentlichen Generalprobe. Die Schauspielerin Bernadette (Cornelia Schönwald), der Regisseur Kai-Eric (Frank Maier) und der Pianist Jonathan (Sebastian Kemper) probieren einem Liederabend. Es ist eine No-Budget-Produktion: E-Piano statt Flügel, altersschwaches Lichtpult, kein Geld für Kostüme. Das Bühnenbild: Versatzstücke aus den Keller-Inszenierungen der Saison. Es gilt förderwürdig zu bleiben, also arbeiten sich die Drei an dem ab, was gerade in Förderrichtlinien und Feuilletons angesagt ist: Filmprojektionen für ein intermediales Theater, die Arbeit mit Minderheiten und Laien, pardon: Alltagsexperten.
Das Trio benimmt sich dabei so, wie sich Lieschen Müller die Theaterleute vorstellt. Sie sind eitel, ein bisschen zickig, lieben die große Szene. Und natürlich: das Theater als solches. Cornelia Schönwald besingt es kraftvoll verführerisch mit den gängigen Hymnen - von "There's no Businiess like Showbusiness" bis zu Katja Ebsteins "Theater Theater". Nur die kölschen Töne, die muss sie noch proben. Statt ihrer singt Frank Maier die sentimentale Bläck Fööss-Ballade "En unserem Veedel" mit einer solchen Inbrunst, dass die Ironie von den Wänden tropft. Schon allein wegen dieser Nummer lohnt der Besuch einer Vorstellung. Chapeau!
Zum Abschluß einer Spielzeit, in der sich die neue Intendantin PiaMaria Gehle mit gutem Theater das wirtschaftliche Weiterleben erkämpft hat, steht es dem Theater der Keller gut an, kulturpolitische Absonderlichkeiten in einer Satire aufzubereiten. Iris Matzen hat einen lässigen Abend inszeniert, der temporeich mit Witz und Slapstick den Alltag im Freien Theater karikiert. Indes bleibt "Stör ich?" ein Insidervergnügen, das die großen Fragen nach der Position des Theaters in der Gesellschaft nicht beantwortet. Aber der Spaß zeigt deutlich, was Theaterleute tagsüber so treiben: Lesen, Diskutieren, Singen, Proben. Arbeiten eben.
(*Kölnische Rundschau, Dienstag, 24. Mai 2011)
Trotziger Humor gegen die Krise
Das Theater der Keller beendet mit "Stör ich?" die Saison
"Was ist denn das für ein beschissenes Bühnenbild?", ereifert sich Benadette van Hoppje (Cornelia Schönwald), Star des Abends und Diplom-Schauspielerin, die mangels Kostümbudget im eigenen Kleid auftreten muß. In der Tat: Die Requisiten und Möbel wirken wahllos, doch als Überbleibsel aus Produktionen der Spielzeit scheinen sie dem regelmäßigen "Keller"-Besucher zuzuzwinkern.
Mit der Uraufführung "Stör ich?" setzt PiaMaria Gehle ein ebenso heiter-trashiges wie selbstreferenzielles Ausrufezeichen ans Ende ihrer ersten Saison als Intendantin. Akute Geldnot, drohende Schließung, seltsame Kriterien der Förderwürdigkeit, künstlerische Kompromisse - all das, womit das Theater in der Kleingedankstraße jüngst selbst zu kämpfen hatte, kommt in der komödiantischen Revue von Iris Matzen (Konzeption und Regie) aufs Tapet, wenn der gestresste Regisseur Kai-Eric Cartier (Frank Maier) versucht, aus Nichts Theater zu machen. In dem als chaotische Generalprobe angelegten Stück werden fröhlich Klischees zelebriert, die Absurditäten lokaler Kulturpolitik aufgespießt und Branchen-Gassenhauer wie Katja Ebsteins "Theater" oder Stücke aus "Cabaret" angestimmt.
Raffiniert geht anders, doch dank des gut aufgelegten Ensembles und des trotzigen Humors funktioniert das Keller-Kabarett als kurzweilige Unterhaltung mit Seitenhieben. (jdü)
(* Kölner Stadt-Anzeiger, Mitwoch, 25. Mai 2011)
Migrationsmasche
"Stör ich? Was Sinnvolles mit Musik" im Theater der Keller
20 Uhr, das Licht geht aus und der Vorhang auf; die Vorführung beginnt - nichts Ungewöhnliches im Theater. Doch heute ist etwas anders: Schauspielerin Bernadette (Cornelia Schönwald) stolpert bei Zuschauerlicht auf die Bühne, erschrickt vor dem Publikum und verschwindet wieder. Sollte sich der ein oder andere nun fragen: "Stör ich?", wird er kurz darauf von Kai Eric (Frank Maier), einem exentrischen Regisseur, als Besucher der öffentlichen Probe seines Stückes begrüßt - auch der Zuschauer spielt also mit. Schnell wird klar: diese Probe wird vom Chaos regiert. Der Pianist (Sebastian Kemper) kommt - mit Kaffeebecher und Brötchen - zu spät, die Hauptdarstellerin vergißt ihren Text und dann wird auch noch das Finale gestrichen. Die Uraufführung von "Stör ich?", inszeniert von der Hamburger Regisseurin Iris Matzen, trägt trotz ihrer charmanten Slapstick-Heiterkeit Züge einer Tragikomödie. Auf spielerische und selbstironische Art wird thematisiert, wie schlecht es um die deutsche Theaterlandschaft steht - vor allem wegen massiver Sparmaßnahmen. Anlass, sich dem Thema zu widmen, hat das Keller-Theater: Nach dem Beschluss des Theaterbeirats wurde ihm 2009 die Konzeptionsförderung gestrichen, was für das älteste Privattheater Kölns fast das Aus bedeutete, hätte es nicht Überbrückungsförderung der Stadt gegeben. Und dennoch: das Geld reichte eigentlich nur bis zu "Stör ich", das folgerichtig als "letzte Premiere" des Hauses angekündigt ist. Man konnte ja nicht ahnen, dass die energetische Intendantin PiaMaria Gehle nun schon kühn bis 2012 plant. In ihrer inszenierten Probe geht Matzen der Frage nach, wie und nach welchen Kriterien Kunst messbar ist. Vor allem aber stoßen die fiktiven Theaterakteure an die Grenzen der künstlerischen Freiheit, wenn aufgrund des fehlenden Budgets das Lichtpult ausfällt, die Kostüme von H&M stammen und statt eines Flügels ein E-Piano herhalten muss. Ein höhnischer Blick wird auf die Auflagen geworfen, die definieren, was ein förderwürdiges Konzept ausmacht. So wird der E-Pianist kurzerhand zu Ali mit Migrationshintergrund und eine Kamera muss von den Darstellern stets angespielt werden, um krampfhaft die Förderaspekte Integration und Multimedialität zu berücksichtigen - zur Zeit bundesweit ganz große Themen der Spielpläne. "Stör ich?" ist ein intelligentes Spiel des Theaters mit eigenen Mitteln, was nicht zuletzt an Cornelia Schönwald liegt, die durch ihre extraodinären Gesangseinlagen den Abend zum Musikerlebnis macht, mit Stücken wie "There's no business like showbusiness" und "The show must go on". Frank Maier, der als gestresster Regisseur das Durcheinander zusammen hält, überzeugt als Moderator mit Entertainer-Qualitäten. Die Konzeptlosigkeit, die dem Theater einst fast zum Verhängnis wurde - vor der heutgen Intentantin - wird zum Programm gemacht. In aller Deutlichkeit wird hier vorgeführt, dass unter Auflagendruck Kunst nur schwer entstehen kann. Dafür ist sie gut gelungen. (Romy Weimann)
(* aKT.24 Juni '11)
Ausrufezeichen gegen den drohenden Verfall
Premiere von "Stör ich?" im Theater der Keller
Innenstadt-Süd (ha). Furioses Finale der "Keller-Revolution": Mit der achten Premiere innerhalb von neun Monaten "erschütterte" das Team um Intendantin PiaMaria Gehle die Szene mit einem finalen Aufbäumen gegen die drohende Einstellung des Spielbetriebes.
Mit Iris Matzens Stück "Stör ich?" gelang dem Ensemble ein schreiendes Ausrufezeichen gegen den Verfall der freien Theaterszene und dem drohenden Tod eines guten Stücks unabhängiger Kunst. Dass Theater den Menschen nicht nur unterhält, sondern im besten Falle aus verkrusteten Gedankenmustern aufwecken kann, bewies die Inszenierung bereits vor der Aufführung. Eine vor der Spielstätte aufgestellte Tafel kündigte den irritierten Besuchern die öffentliche Generalprobe an. So blieb dann über weite Strecken auch das Licht im vollbesetzten Saal an, verhaspelten sich die Darsteller mit ihren Texten, unterbrach der Regisseur unwirsch den Ablauf und verabschiedete sich der Beleuchter immer dann, wenn seine Anwesenheit am meisten benötigt wurde. Angelegt als Liederabend, verstanden es die Darsteller, Sinn oder - je nach Perspektive - Unsinn des Schauspiels singend, seufzend, lachend oder wütend zu intonieren. Klassiker wie Katja Epsteins Interpretation von "Theater" oder das Solidaritätscredo "Bei uns im Veedel", von den Bläck Fööss, erhielten im Lichte des allgemeinen Theaterniedergangs einen zynischen Unterton, der, obwohl zu Lachsalven animierend, sich nach dem Ausklang des letzten Refrains als drohende Wolkenfront über das Haus legte. In einer herrlich chaotischen Inszenierung von Iris Matzen überzeugten Sebastian Kemper als "nicht hauptberuflicher, und damit solventer Pianist", Frank Maier als enervierter Regisseur sowie die umwerfende Cornelia Schönwald als Chanteuse, die ihre Maske als Entertainerin fallen ließ und den Betrachter hinter die Kulissen der Romantikfabrik "Theater" führte. Bezeichnender Weise endete die unsentimentale Reise mit Queens "The Show must go on"- einem Song, bei dem nicht nur Rock-Titan Freddy Mercury um sein Leben sang. Es bleibt zu hoffen, dass jenes Aufbäumen gegen den Untergang die Spielstätte in eine vertikale und standfeste Position rückt. Unbedingt anschauen!
(*http://www.koelner-wochenspiegel.de/rag-kws/docs/391869/innenstadt-nord)
Jede Woche neu stellt koeln.de sehens- und hörenswerte Höhepunkte aus dem Kölner Kulturleben vor. Dies sind unsere Tipps für die Woche vom 27. bis zum 3. Juli 2011.
Stör ich? (Theater / Theater der Keller)
Dem kleinen Theater geht‘s schlecht, sauschlecht. Eine kleine Bühnenshow – natürlich mit Musik! – soll aus der finanziellen Klemme helfen. Doch bei der Generalprobe geht so ziemlich alles schief, was schief gehen kann. Vor allem zwischen dem Regisseur, der Sängerin und dem Pianisten knirscht es gewaltig. Immer wird diskutiert statt geprobt. Auch zwischen Ensemble und Publikum, das ausnahmsweise zu dieser Generalprobe zugelassen ist, hakt es.
Die Eigenproduktion „Stör ich?“ ist eine Nabelschau voller Biss, Witz und Schwung, mit gesanglichen und schauspielerischen Glanzlichtern. Doch beleuchtet diese Farce nicht nur die schwierige Situation des eigenen Hauses, also des Theaters der Keller, sie ist gleichzeitig ein Rundumschlag gegen die gesamte Kölner, ja deutsche Theatermisere: Förderrichtlinien, Sparmaßnahmen, Sinnfrage des Kulturbetriebs, Bühnentrends – das alles wird mit viel Selbstironie unter die Lupe genommen.(Foto: Meyer Originals)
(* http://www.koeln.de/koeln/koelndetipps_das_beste_aus_koelner_theatern_489000.html)
TheaterTheater
"Stör ich?" im Theater der Keller
Mit einem IAMHERE in leuchtend roten Lettern im Bühnenbild von Horvàths "Jugend ohne Gott" hatte PiaMaria Gehle zu Beginn der Spielzeit ihre Intendanz am Theater der Keller eröffnet. Und wie sie da ist! Hat sie doch mit Wagemut und guten Arbeiten das Haus in der Kleingedankstraße konsolidiert. Klar, dass sich die Leuchtschrift auch unter den Versatzstücken findet, die das Bühnenbild für die letzte Produktion dieser Saison abgeben. "Stör ich?" wird zum Abschluss der "KellerRevolution" kokett gefragt.
Iris Matzen, Regisseurin und Autorin, hat einen kurzweiligen und sehr lustigen Abend inszeniert, der Kulturpolitik kabarettistisch aufbereitet und selbstironische Einblicke in das Alltagsgeschäft des Freien Theaters bietet. "Stör ich?" ist Theater über Theater, darüber wie man ohne Geld in selbstausbeuterischer Arbeit Kunst machen kann - und was man tun muss, wenn man doch Geld aus öffentlicher Hand haben möchte. "Integrieren durch Inszenieren" vielleicht. Dumm nur, dass Pianist Jonathan (Sebastian Kemper) auch mir angeklebtem Schnauzbart nicht wirklich als "Ali" durchgeht. Ersatzweise kämen auch Filmprojektionen für ein intermediales Theater in Frage, aber das will Schauspielerin Bernadette (Cornelia Schönwald) nicht recht behagen. Und so muss Regisseur Kai-Eric (Frank Maier) beständig kürzen, ändern, beschwichtigen. Dabei hat er ganz gut verinnerlicht, was gerade angesagt ist, jedenfalls gemessen an Förderrichtlinien und dem Avantgarde-Ritterschlag der Feuilletons.
Nebenbei gibt er dem Publikum Nachhilfe im korrekten Verhalten auf Proben: es wird keinesfalls geklatscht. Das bringt Unglück. Und so darf das Publikum, dem erzählt wird, es sei auf einer öffentlichen Probe, nicht applaudieren nach den gesungenen Liebeserklärungen an das Theater, die Cornelia Schönwald so fabelhaft intoniert.
Songs, Witz und Slapstick können aber nicht verbergen, dass "Stör ich?" ein theoriefreies Vergnügen ist. Die Frage danach, warum sich eine (Stadt-)Gesellschaft Theater leisten muss, bleibt ungestellt und damit unbeantwortet. Aber dazu hatte der übrige Spielplan des Kellers eine Menge zu sagen.
(* choices, Juli 2011)
PRESSE: ELVIS HAS LEFT THE BUILDING
http://theaterpur.net/theater/schauspiel/2013/05/koeln-keller-elvis.html
https://www.meinesuedstadt.de/elvis-has-left-the-building-eine-doppelgaengerrevue/
https://www.twotickets.de/freikarten/theater-shows-comedy/klassisches-theater/elvis-has-left-the-building-126561/
https://www.rhein-zeitung.de/startseite_artikel,-theater-der-keller-in-koeln-elvis-has-left-the-building-_arid,1009055.html
https://www.choices.de/a-little-more-action
https://www.koeln.de/koeln/zwei_moechtegernelvisdoubles_stellen_die_welt_auf_den_kopf_718441.html